Fährt man auf der Autobahn von Berlin in Richtung Potsdam, dauert es nicht lang bis zwischen den Bäumen zerfallene Dächer hervorgucken. Das Elisabeth-Sanatorium ist im Sommer durch all die Sträucher und Bäume kaum zu erkennen. Man könnte denken, das alte Mädchen versteckt sich vor neugierigen Blicken, müde von all den Jahren, in denen es Patienten beherbergt hat. Seit mehr als 20 Jahren ist das Sanatorium sich selbst überlassen. Gebaut wurde es von 1912 bis 1914 für den Arzt Walter Freimuth und dessen Ehefrau, der das Sanatorium seinen Namen verdankt. Elisabeth. Das jüdische Ehepaar musste allerdings, während Hitler an die Macht kam, fliehen.
Bis 1952 wurden in der Heilstätte Lungenkrankheiten behandelt. Anschließend wurde im Elisabeth Sanatorium Haut- und Lymphdrüsentuberkulose behandelt. 1967 wurde das Sanatorium zu einer staatlichen Hautklinik des damaligen Bezirkskrankenhauses Potsdam umgebaut. Die Nebengebäude dienten den 25 Schwestern und rund einem Dutzend Ärzte als Wirtschaftshäuser und Wohnunterkünfte. Letzte Modernisierungen der Klinik wurden in den 80er Jahren durchgeführt – trotzdem folgte die Schließung, als 1994 die Hautklinik in das Stammhaus des Ernst von Bergmann Klinikums zog. Etwa vor 10 Jahren wurde das Gelände an die in den USA lebende Nachkommin Ursula Freimuth übergeben. Seitdem wurden viele Pläne für das Areal geschmiedet, von denen jedoch (noch) keiner in die Tat umgesetzt wurde.
Das Betreten des Geländes an sich ist ziemlich einfach. Im Zaun befinden sich mehrere Löcher, durch die man mühelos hindurchschlüpfen kann. Das Bewegen auf dem Gelände ist jedoch etwas schwieriger. Anscheinend wohnt auf dem hinteren Areal jemand. Natürlich wollen wir unbemerkt bleiben und müssen uns daher leise und unauffällig verhalten. Da man von der stark befahrenen Straße und auch von dem angrenzenden Gehweg gut auf das Gelände sehen kann, muss man sich zusätzlich vor nervigen Anwohnern/Spaziergängern/Autofahrern verstecken. Zum Glück konnten wir relativ schnell unentdeckt im Hauptgebäude verschwinden..
Das Hauptgebäude, das seiner Zeit 90 Betten beherbergte, ist mittlerweile rundum von Jungfernreben bewachsen. Viele Fenster sind zerschlagen – hinter einigen von ihnen wehen immernoch alte Vorhänge im Sommerwind.
Der erste Raum, den wir betreten scheint bei Hobbyfotografen oder Geister-Einrichtern beliebt zu sein. Hier stehen, liebevoll angeordnet, eine Leiter, ein Tisch mit einem Tablett und sogar einer Tischdecke und ein Topf. Wahrscheinlich ist das alles, was das Gebäude noch hergegeben hat.. Es folgt ein langer Flur, von dem einstige Patientenzimmer abgehen.
Überall blättert die alte Farbe von den Wänden, als hätte sich das alte Sanatorium bei einem der Patienten mit einer seltenen Hautkrankheit angesteckt. Ab und an findet man einen gefliesten Raum, der wohl einst als Bad gedient hat, bis man schließlich im Haupteingangsbereich steht. Von hier aus geht eine Treppe in das erste Obergeschoss und eine in den Keller. Außerdem erreicht man von hier einen zweiten Korridor, der einst die Station 1 war. Ab hier überkommt mich ein komisches Gefühl. War da eben jemand? Über uns? Wir bleiben still stehen und versuchen etwas zu hören. Nichts. Also gut, manchmal spielt einem der Kopf einen Streich.
Die Station 1 zeichnet sich durch nichts anderes aus, als auch schon der erste Gang. Viele leere Zimmer, viel Graffity, viele Scherben. Am Ende dieses Ganges befindet sich ein großer Raum, von dem aus man entweder nach draußen kommt, oder in den Keller. In Keller gehe ich generell nicht, also steht das gar nicht zur Debatte. Draußen könnte uns jemand sehen. Also beschließen wir, uns oben noch etwas umzusehen. Auf dem Weg zur Treppe höre ich wieder ein Geräusch. Wir bleiben stehen und hören. Schritte. Jemand tritt auf Glas. Scherben knirschen. Shit! Wir weichen durch die Eingangstür nach draußen aus und gehen eine mit Moos und Sträuchern bewachsene Treppe hinunter. Hier muss einst der offizielle Eingang gewesen sein. Auch hier wachsen Kletterpflanzen an den alten Mauern entlang. Links und rechts von der Tür stehen Säulen, die Fassade ist mit Stuck verziert, Balkone wurden angebracht, sogar alte Fensterläden findet man noch.
Wieder im Gebäude hören wir erstmal, ob die Luft wieder rein ist. Kein Geräusch zu hören. Erleichtert gehen wir die Treppe hoch, machen jedoch auf der Häfte kehrt. Die Decke des Oberschosses ist eingestürzt und hängt im Treppenhaus. Safety first! Ne, im Ernst; ich hab überhaupt keine Lust irgendwo unter schimmligen Dachbalken begraben zu werden. Also überlassen wir das Obergeschoss lieber sich selbst – oder den mutigeren unter euch.
War jemand schonmal dort und kann mir erzählen, was ich oben verpasst habe?